Neues Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 (BFSG)

Barrierefreiheit wird für Websites ab 2025 Pflicht

Ein Beitrag von Tobias Bystry

Mit dem neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 setzt der Gesetzgeber ein deutliches Zeichen für Inklusion und Chancengleichheit. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28.Juni 2025 in Kraft und soll die barrierefreie Nutzung digital angebotener Produkte und Dienstleistungen sicherstellen. Doch was bedeutet dieses Gesetz für Unternehmen und Dienstleister konkret?
Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die Dienstleistungen und Produkte online anbieten, sind oft unsicher, ob sie die Anforderungen des BFSG 2025 beachten müssen und wie sie diese praktisch umsetzen können. In diesem Ratgeber erfahren Sie, ob für Ihre Website die Pflicht zur Barrierefreiheit ab 2025 besteht und was Sie tun müssen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?

Die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen werden ab dem 28. Juni 2025 durch die Verordnung zum BFSG geregelt. Das BFSG wurde in Deutschland 2021 verabschiedet und hat das Ziel, den Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Es setzt die EU-Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen um. Betroffene Unternehmen sind dadurch verpflichtet, ihre Website ab Mitte 2025 barrierefrei zu gestalten.

Wer muss das BFSG umsetzen?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betrifft alle Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich sind. Das bedeutet, dass eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen unter das BFSG fallen können. Besonders betroffen sind Anbieter von Online-Shops und Online-Dienstleistungen wie z.B. Online-Shops für Konsumgüter, Buchungsportale, Streaming-Dienste, Banken & Versicherungen, Telekommunikationsunternehmen oder E-Learning-Plattformen.

Ausnahmen:
Nicht alle Unternehmen sind verpflichtet, das BFSG 2025 umzusetzen. Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 2 Millionen Euro sind von den Anforderungen des BFSG ausgenommen. Diese Ausnahme soll verhindern, dass besonders kleine Unternehmen unverhältnismäßig belastet werden. Trotzdem können auch Kleinstunternehmen freiwillig Maßnahmen ergreifen, um ihre Website barrierefrei zu gestalten, da dies oft zu einer besseren Nutzererfahrung und einer breiteren Kundenbasis führt.

Welche Anforderungen stellt das BFSG an Online-Shops und Online-Dienstleistungen?

Die Anforderungen des BFSG basieren auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1, insbesondere auf der Konformitätsstufe AA. Diese Richtlinien geben konkrete Empfehlungen, wie digitale Inhalte barrierefrei gestaltet werden können. Die wichtigsten Anforderungen lassen sich in vier Hauptkategorien unterteilen:

1. Wahrnehmbarkeit

Nutzer müssen in der Lage sein, Inhalte zu sehen oder zu hören. Dies erfordert, dass alle visuellen und akustischen Elemente zugänglich sind.

Beispiele für Maßnahmen:

  • Alt-Texte für Bilder: Jedes Bild sollte eine alternative Textbeschreibung haben, damit Menschen, die Bildschirmlesegeräte verwenden, verstehen können, was auf dem Bild zu sehen ist. Dies ist besonders wichtig für Produktbilder in einem Online-Shop, wo die Bildbeschreibung darüber entscheiden kann, ob ein Kunde den Kauf tätigt oder nicht.
  • Untertitel und Audiodeskriptionen: Wenn Sie Videos auf Ihrer Website oder in Ihrer App anbieten, sollten diese mit Untertiteln für hörgeschädigte Personen versehen werden. Für Filme oder Videos, in denen visuelle Informationen wichtig sind (wie in Produktdemos oder Tutorials), sollten Audiodeskriptionen zur Verfügung gestellt werden.

 

2. Bedienbarkeit

Die Bedienung einer Website oder Anwendung muss für alle Nutzer möglich sein, unabhängig davon, welche Technologie oder Hilfsmittel sie verwenden.

Beispiele für Maßnahmen:

  • Tastaturbedienbarkeit: Alle Funktionen einer Website oder App müssen mit der Tastatur nutzbar sein, ohne dass eine Maus erforderlich ist. Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Seheinschränkungen verlassen sich oft auf die Tastatur oder spezielle Eingabegeräte.
  • Kontraste und Sichtbarkeit: Text sollte ausreichend Kontrast zum Hintergrund aufweisen, um gut lesbar zu sein. Niedrige Kontrastverhältnisse erschweren es Menschen mit Sehbehinderungen, Inhalte zu erkennen.

 

3. Verständlichkeit

Inhalte müssen leicht verständlich sein. Dies betrifft sowohl die Inhalte selbst als auch die Navigation auf der Website.

Beispiele für Maßnahmen:

  • Einfache Sprache: Inhalte sollten klar und präzise formuliert sein, damit sie von allen Nutzern, einschließlich Menschen mit kognitiven Einschränkungen, verstanden werden können.
  • Konsistente Navigation: Eine konsistente und logische Struktur hilft Nutzern, sich auf der Website zurechtzufinden. Jede Seite sollte ähnlich aufgebaut sein und gleiche Funktionen sollten an derselben Stelle wiederzufinden sein.

 

4. Robustheit

Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie auch mit zukünftigen Technologien und Hilfsmitteln zugänglich bleiben. Dies erfordert, dass Websites und Apps kompatibel mit Hilfstechnologien wie Screenreadern oder Spracherkennungssoftware sind.

Beispiele für Maßnahmen:

  • Standardkonformes HTML: Die Verwendung von sauberen, standardkonformen HTML-Codes stellt sicher, dass Webseiten von unterschiedlichen Browsern und assistiven Technologien korrekt gelesen und interpretiert werden können.
  • Aria-Labels für interaktive Elemente: Komplexe interaktive Elemente (wie Schaltflächen, Formulare oder Menüs) sollten mit ARIA-Labels versehen werden, damit sie von assistiven Technologien erkannt und richtig interpretiert werden

Welche Strafe droht, wenn die Pflicht zur Barrierefreiheit nicht erfüllt wird?

Werden die Vorgaben des BFSG nicht eingehalten und die Pflicht zur Barrierefreiheit nicht erfüllt, drohen ab dem 28. Juni 2025 Sanktionen. Dazu gehören:

  • Beschwerden: Nutzer mit Behinderungen können Beschwerden einreichen, wenn sie auf Barrieren stoßen. Behörden und Verbraucherschutzorganisationen können ebenfalls tätig werden.
  • Bußgelder: Bei Verstößen können empfindliche Bußgelder verhängt werden. Die genaue Höhe hängt von der Schwere des Verstoßes ab und kann in der Regel vermieden werden, wenn Unternehmen Maßnahmen zur Barrierefreiheit ergreifen.

Wie können die Anforderungen des BFSG 2025 praktisch umgesetzt werden?

Um die Anforderungen des BFSG 2025 zu erfüllen, sollten Sie folgende Schritte in Erwägung ziehen:

  1. Prüfen Sie Ihre aktuelle Website oder App auf Barrierefreiheit: Nutzen Sie Online-Tools wie WAVE oder AXE, um eine erste Analyse durchzuführen. Diese Tools zeigen Ihnen an, wo es noch Mängel gibt.
  2. Implementieren Sie barrierefreie Design- und Programmierpraktiken: Arbeiten Sie mit Webdesignern und Entwicklern zusammen, die sich mit den WCAG-Standards auskennen. Achten Sie besonders auf Kontrastverhältnisse, die Verwendung alternativer Texte und die Bedienbarkeit per Tastatur.
  3. Bieten Sie Alternativen an: Wenn bestimmte Inhalte nicht vollständig barrierefrei gestaltet werden können (z. B. sehr komplexe Grafiken oder interaktive Inhalte), sollten Sie alternative Zugangswege anbieten, wie etwa Erläuterungen in Textform oder Audiodeskriptionen.
  4. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter: Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für das Thema Barrierefreiheit und schulen Sie insbesondere diejenigen, die an der Entwicklung und Gestaltung Ihrer Online-Dienstleistungen arbeiten.
  5. Erstellen Sie eine Barrierefreiheitserklärung: Eine solche Erklärung ist verpflichtend und sollte auf Ihrer Website leicht zugänglich sein. Darin legen Sie dar, wie Sie die Anforderungen des BFSG umsetzen und welche Maßnahmen Sie ergreifen, um Barrieren zu minimieren.

Fazit zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Betroffene sollten rechtzeitig handeln!

Die Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erfordert eine frühzeitige Planung, da viele technische und gestalterische Aspekte berücksichtigt werden müssen. Die Frist bis Juni 2025 mag noch weit entfernt erscheinen, doch je früher Sie mit der Umsetzung beginnen, desto einfacher wird es sein, die gesetzlichen Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen. Unternehmen, die ihre digitalen Dienstleistungen barrierefrei gestalten, profitieren nicht nur von der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern erweitern auch ihren potenziellen Kundenkreis und verbessern ihre allgemeine Nutzerfreundlichkeit.

Rechtliche Unterstützung von ab&d Rechtsanwälte:

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Online-Shop oder Ihre Dienstleistung unter das BFSG fällt, oder Unterstützung bei der Umsetzung benötigen, stehen wir Ihnen als Rechtsexperten gerne zur Seite.

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