Health-Claims-Verordnung (HCVO)

Health Claims und ihre Wichtigkeit für Food-Startups

Ein Beitrag von Dr. Norman Dauskardt

Lebensmittel sollen längst nicht mehr nur den Hunger stillen oder den Durst löschen; sie sollen auch gesünder, schöner und leistungsfähiger machen. Gesundheitliche Aspekte von Lebensmitteln spielen bei deren erfolgreicher Bewerbung und Vermarktung eine immer wichtigere Rolle. Der moderne Verbraucher isst und trinkt gesundheitsbewusst. Verständlicherweise wollen viele Food-Startups diesen Trend für sich nutzen neue Produkte erschaffen, die den gesundheitlichen Bedürfnissen der Verbraucher verstärkt Rechnung tragen. 

Allerdings werden sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene hohe Anforderungen an das Lebensmittelrecht gestellt. Dazu gehört auch die in 2007 in Kraft getretene Health-Claims-Verordnung (HCVO), welche nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmittelwerbung in allen EU-Mitgliedstaaten regelt. Ziel der Health-Claims-Verordnung ist es, den „Wildwuchs“ an Gesundheitsversprechen einzudämmen und für Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu schaffen. Wer also darauf hinweisen möchte, wie gesund die eigenen Produkte sind und keine Abmahnung riskieren will, sollte sich mit den Regelungen der Health-Claims-Verordnung unbedingt näher auseinandersetzen.

In dem folgenden Beitrag haben wir deshalb insbesondere für Food-Startups sowie für Hersteller und Händler von Lebensmitteln zusammengefasst, was bei der Lebensmittelwerbung mit Gesundheitsbezug grundsätzlich beachtet werden muss, um sich rechtskonform zu verhalten.

1. Was sind Health Claims im Sinne der Health-Claims-Verordnung?

Health Claim“ bedeutet nach der wörtlichen Übersetzung gesundheitsbezogene Angabe. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der HCVO definiert eine “gesundheitsbezogene Angabe” wie folgt:

„jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.“

Ein Health Claim bewirbt folglich eine gesundheitsfördernde Wirkung eines Lebensmittels (dazu gehören auch Nahrungsergänzungsmittel), wobei der der zugrunde liegende Gesundheitsbegriff  auch das seelische Gleichgewicht umfasst (vgl. BGH, Urteil v. 24.7.2014 – I ZR 221/12 – Original Bach-Blüten).

Neben spezifischen gesundheitsbezogenen Angaben, die dann anzunehmen sind, sobald auf bestimmte zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug genommen wird, fallen auch unspezifische gesundheitsbezogene Angaben unter den Oberbegriff der gesundheitsbezogenen Angaben i.S.v. HCVO (vgl. Art. 10 Abs. 3 HCVO). Von einem Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden i.S.v. HCVO ist auszugehen, wenn auf Vorteile des Lebensmittels (oder Nährstoffs) hingewiesen wird, ohne dass dabei konkrete Wirkungen für bestimmte Körperfunktionen angegeben werden.

Gesundheitsbezogen sind beispielweise Angaben wie „Stärkt die Abwehrkräfte“, „Fördert die Leistungsfähigkeit“, „Für starke Knochen“, „unterstützt beim Stoffwechsel“ oder „Senkt den Cholesterinspiegel“.

Der Regelungsbereich der Health-Claims-Verordnung umfasst entgegen dem Wortlaut aber auch nährwertbezogene Angaben. Nährwertbezogene Angaben sind Aussagen oder Darstellungen auf einer Lebensmittelverpackung oder in der Werbung, die vermitteln, dass ein Produkt einen besonderen Nährwert besitzt, wodurch die Wertigkeit des Lebensmittels in der Ernährung zunimmt.

Vielfach wird ein hoher Nährstoffgehalt beworben, wie zum Beispiel „reich an Kalzium“, „proteinreich“ oder „Ballaststoffquelle“. Aber auch ein geringer Nährstoffgehalt kann einen gesundheitlichen Nutzen haben, zum Beispiel im Fall von Fett oder Zucker (z. B. „mit wenig Kohlenhydraten“, „Low Carb“ oder „fettreduziert“).

Eine „Angabe“ im Sinne der HCVO ist gemäß Artikel 2 Abs. 2 Nr.1 jede Aussage oder Darstellung,

  • die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, grafische Elemente oder Symbole in jeder Form und
  • mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel (oder ein Nahrungsergänzungsmittel) besondere Eigenschaften besitzt.
 

Der Begriff „Angabe“ ist damit sehr weit zu fassen. Die Angabe kann dabei sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen; auch Abbildungen gelten als Angaben. So können Aussagen, die etwa über das Internet, Fernsehen, Rundfunk etc. getätigt werden, „Angaben“ i.S.d. der HVCO sein.

Maßgeblich für das Vorliegen einer Angabe im Sinne der HCVO ist ferner, dass Aussagen erfolgen oder Darstellungen gegeben werden, die bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck hervorrufen können, ein Lebensmittel besitze besondere Eigenschaften (vgl. EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-299/12, Tz. 24 – Green – Swan Pharmaceuticals). Ab wann eine unter die HCVO fallende Angabe vorliegt, ist einzelfallbezogen zu beantworten.

Keine nähwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben sind insbesondere allgemeine werbliche Übertreibungen. Werbeaussagen, nach denen ein Energy-Drink Flügel verleiht; Fruchtgummi Kinder froh macht oder kein Joghurt mehr anmacht, unterfallen nicht der HCVO. Auch allgemeine Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben könnten, (wie z.B. “Hustenbonbon”), sind ausgenommen. Ferner sah der Bundesgerichtshof in der Produktbezeichnung “Energy & Vodka” keine nährwertbezogene Angabe, sondern die beschreibende Aussage, dass es sich um ein Mischgetränk aus Vodka und einem Energydrink handelt (vgl. BGH, Urteil v. 09.10.2014, I ZR 167/12).

2. Was regelt die Health-Claims-Verordnung und wann findet sie Anwendung?

Die Health-Claims-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1924/2006) wurde bereits im Jahr 2006 vom europäischen Gesetzgeber erlassen. Die Verordnung verfolgt dabei zwei Hauptziele:

  • Zum einen soll ein hohes Schutzniveau für den Verbraucher gewährleistet werden. D. h., dass „Gesundheitsversprechen“ nur noch dann zulässig sind, wenn sie auch eingehalten werden.
  • Zum anderen soll eine europaweit einheitliche Regelung den freien Warenverkehr gewährleisten, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten. Damit stellt die Verordnung umgekehrt aber auch Rechtssicherheit für die Unternehmen her.

Health-Claims-Verordnung findet daher bei nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben Anwendung, die in kommerziellen Mitteilungen bei der Kennzeichnung und Aufmachung von oder bei der Werbung für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel gemacht werden, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen (Art. 1 Abs. 2 HVCO) und regelt die Zulässigkeit von solchen Angaben. Gemäß Art. 1 Abs. 3 HVCO findet die Verordnung auch bei Handelsmarken, sonstigen Markennamen und Fantasiebezeichnungen Anwendung, die als nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben ausgelegt werden können. Ferner kommt die Verordnung auch bei Aussagen über die Reduzierung von Krankheitsrisiken und auf solche mit Kinderbezug zur Anwendung.

Achtung: Die Health-Claims-Verordnung regelt nur den freiwilligen Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung für Lebensmittel. Für alle Angaben, die nach einem Gesetz verpflichtend auf Lebensmitteln getroffen werden müssen (z. B. nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung), gilt die Verordnung nicht. Erst wenn die Hersteller und Händler ihre Lebensmittel mit einer zusätzlichen positiven Werbebotschaft versehen möchten, die auf die besondere Zuträglichkeit für die Gesundheit abstellt, müssen sie die Health-Claims-Verordnung beachten.

Von den Health Claims müssen ferner insbesondere Heilversprechen unterschieden werden. Wirbt ein Hersteller damit, dass sein Produkt Krankheiten oder andere Leiden heilen oder verhindern könne, ist er ein Anbieter von Heilmitteln und nicht mehr (nur) von Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln. In dem Fall findet die Health-Claims-Verordnung keine Anwendung. Zu beachten ist dann insbesondere das Heilmittelwerbegesetz (HWG).

3. Liste der zulässigen Health Claims

Die Europäische Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beauftragt zu prüfen, was hinter in den Werbeslogans steckt und welche der Gesundheitsversprechen tatsächlich wahr sind. Auf dieser Grundlage erstellte die EU-Kommission eine Liste mit zulässigen gesundheitsbezogenen Aussagen. Die Liste soll zum einen die Kontrolle der verwendeten Aussagen vereinfachen und zum anderen verhindern, dass Unternehmen mit immer neuen Angaben ein intransparentes weites Feld an Health Claims schaffen, welches das Risiko des willkürlichen Einsatzes und der Verbraucherirreführung in sich birgt. Health Claims sind daher nur bei vorangegangener inhaltlicher Überprüfung und einer anschließenden Aufnahme in Zulassungslisten gestattet. Nur Angaben aus diesen Listen sind zulässig. Dabei sollten die Aussagen stets den in der Liste aufgeführten Wortlaut ausweisen, sind aber wohl auch noch zulässig, wenn sie sinngemäß mit dem normierten Wortlaut bedeutungsgleich sind (vgl. Erwägungsgrund 9 HCVO). Den Unternehmen steht es ferner frei, die Zulassung weiterer Angaben durch ein behördliches Verfahren zu beantragen.

Eine Teil-Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Abgaben (in deutscher Sprache) ist der Anlage der EU-ZulassungsVO Nr. 432/2012 zu entnehmen. Die Liste kann ferner auf der Website der EU-Kommission abgerufen werden. Gemäß Art. 20 Abs. 1 HCVO ist die Kommission verpflichtet, ein EU-Register zu den nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel zu erstellen und zu unterhalten. Da die Verordnung Nr. 432/2012 inzwischen durch verschiedene Rechtsakte erweitert und abgeändert worden ist, sollte daher aufgrund der Aktualität stets auf die EU-Datenbank zugegriffen werden, um die Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe rechtssicher zu eruieren. Nur im Register der EU-Kommission sind sämtliche zugelassene Health Claims aus allen Initiativ- und Änderungsverordnungen sowie die Bedingungen für ihre Verwendung vollständig aufgeführt. Das Register enthält ferner eine Liste abgelehnter gesundheitsbezogener Angaben und die Gründe für ihre Ablehnung.

Nach der Liste sind unter anderem folgenden Aussagen zulässig:

  • „Magnesium trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei.“;
  • „Eisen hat eine Funktion bei der Zellteilung.“;
  • „Vitamin C erhöht die Eisenaufnahme.“;
  • „Wasser trägt zur Erhaltung normaler körperlicher und kognitiver Funktionen bei.“;
  • „Zink trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei.“ und
  • „Zuckerfreier Kaugummi trägt zur Erhaltung der Zahnmineralisierung bei.“

Alle Aussagen stehen aber unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung bzw. der EU-Datenbank entnommen werden können. So ist die obige Angabe zu Wasser nur zulässig, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber unterrichtet wird, dass täglich mindestens 2,0 l Wasser verzehrt werden sollten, um die angegebene Wirkung zu erzielen.

4. Health Claims – Was ist erlaubt?

a) Allgemeine Vorgaben

Generell ist die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben für Lebensmittel gemäß Art. 5 HVCO nur zulässig, wenn:

  • die angegebene Wirkung allgemein anerkannt und wissenschaftlich nachgewiesen ist
  • die genannte Substanz im Produkt in ausreichender Menge vorhanden (oder nicht vorhanden) ist um die behauptete Wirkung zu erzielen
  • die genannte Substanz in einer Form vorliegt, die für den Körper verfügbar ist
  • die übliche Verzehrmenge des Produkts geeignet ist die angegebene Wirkung zu erzielen
  • die Angabe sich auf das verzehrfertige Lebensmittel bezieht.

Diese Voraussetzungen müssen bei einer nährwert- und gesundheitsbezogenen Angabe kumulativ erfüllt sein.

Gemäß Art. 3 HVCO dürfen die verwendeten nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben insbesondere:

  • nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein;
  • keine Zweifel über die Sicherheit und/oder die ernährungsphysiologische Eignung anderer Lebensmittel wecken;
  • nicht zum übermäßigen Verzehr eines Lebensmittels ermutigen oder diesen wohlwollend darstellen;
  • nicht erklären, suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen liefern kann.
  • nicht -durch eine Textaussage oder durch Darstellungen in Form von Bildern, grafischen Elementen oder symbolische Darstellungen — auf Veränderungen bei Körperfunktionen Bezug nehmen, die beim Verbraucher Ängste auslösen oder daraus Nutzen ziehen könnten.


Wichtig:
Allein die Einhaltung der vorgenannten Bedingungen führt nicht zur Zulässigkeit der Health Claims. Die Verordnung ist insgesamt als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt konzipiert. Nährwertbezogene Angaben müssen nach einem Anhang der HCVO ausdrücklich zugelassen sein. Gesundheitsbezogene Angaben müssen sich in der Liste der zugelassenen Angaben der EU-Kommission befinden (dazu sogleich mehr).

b) Nährwertprofile

Gemäß Art. 4 HCVO soll die Kommission spezifische Nährwertprofile für Lebensmittel(kategorien) festlegen, deren Einhaltung eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben statuieren soll. Nur wenn ein Lebensmittel seinem Nährwertprofil entspricht, dürfen gesundheits- oder nährwertbezogene Aussagen überhaupt noch (abgesehen von wenigen Ausnahmen, s.u.) gemacht werden. Nährwertprofile sollen verhindern, dass “ungesunde” Lebensmittel mit derartigen Aussagen beworben werden dürfen und damit den Anschein erwecken, sie hätten einen höheren Nährwert als es tatsächlich der Fall ist. Aufgrund der bislang ausbleibenden Verabschiedung einschlägiger Nährwertprofile sind diese bei der Verwendung von Claims nach der HCVO jedoch (noch) nicht zu beachten (Stand: Januar 2024). 

Artikel 4 Abs. 3 HCVO stellt aber auch ein verordnungsimmanentes Nährwertprofil auf und verbietet gesundheitsbezogenen Angaben für alkoholische Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent. Zudem sind bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent nur nährwertbezogene Angaben zulässig, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwerts beziehen (relatives Verbot für nährwertbezogene Angaben).

c) Besondere Bedingungen für nährwertbezogene Angaben

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 HVCO dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn

  • sie in der Liste im Anhang der Verordnung aufgeführt sind und
  • den in der Verordnung festgelegten allgemeinen Bedingungen (s.o.) entsprechen.

Neben einer Liste für die zulässigen Health Claims gibt es also auch eine Liste für die zulässigen nährwertbezogenen Angaben. Diese im Anhang der HVCO aufgeführte Liste ist (neben den allgemeinen Bedingungen) zwingend bei nährwertbezogenen Angaben zu beachten. Die Liste gibt für die nährwertbezogenen Angaben keine ausdrückliche Formulierung vor, sondern regelt für bestimmte Aussagegehalte jeweils den materiellen Zulässigkeitsrahmen. Jegliche Angaben, die mit der jeweiligen Überschrift (z.B. „fettarm“, „zuckerfrei“ oder „natriumarm“) identisch oder nach dem Verbraucherverständnis voraussichtlich bedeutungsgleich sind, müssen die angegebenen Kriterien einhalten.

Für die nährwertbezogenen Angaben sieht die Health-Claims-Verordnung u.a. Folgendes vor:

  • Produkte mit dem Hinweis energiereduziert müssen mindestens 30% weniger Energie enthalten als vergleichbare Lebensmittel.
  • Der Angabe light bzw. leicht kommt dieselbe Bedeutung zu wie reduziert, d. h. mindestens 30% weniger Energie- oder Nährstoffgehalt.
  • Die Angabe „fettarm“ ist nur zulässig, wenn das Produkt weniger als 1,5 g Fett pro 100g bzw. 100 ml enthält.

Diese und weitere nährwertbezogene Angaben wie „hoher Proteingehalt“, „hoher Vitamin C Gehalt“ sind als verbindliche Definitionen für 24 unterschiedliche Nährwertangaben im Anhang der Verordnung aufgeführt.

d) Besondere Bedingungen für gesundheitsbezogene Angaben

Für gesundheitsbezogene Angaben gilt das sog. Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Danach sind gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten, sofern sie nicht

  • den in Art. 3 bis 7 HCVO geregelten allgemeinen Grundsätzen (s.o.) und
  • den in Art. 10 bis 19 HCVO festgelegten speziellen Anforderungen an gesundheitsbezogene Angaben entsprechen und
  • gemäß der Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind.

Der Katalog des Art. 10 Abs. 2 HCVO mit den bestimmten Hinweispflichten ist dabei eine eigene Zulässigkeitsbedingung für die gesundheitsbezogene Angabe. Erforderlich ist danach, dass die Kennzeichnung oder Werbung eines Lebensmittels folgender Informationen erfolgt:

  • einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
  • Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,
  • ggf. einen Hinweis an Personen, die vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren und
  • einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

Die Hinweispflichten müssen kumulativ erfüllt sein; Verstöße führen zur Unzulässigkeit der gesundheitsbezogenen Angabe.

Es ist auch zu beachten, dass sich die gesundheitsbezogenen Angaben ändern können, weil zum Beispiel die Forschung neue Wirkungsweisen von Lebensmitteln entdeckt oder geglaubte widerlegt.

Ferner ist zu beachten, dass gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO auch Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffes oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nur zulässig sind, wenn ihnen eine der in den Listen nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Die Vollständigkeit der Listen wird nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr für die Anwendung der Vorschrift vorausgesetzt (vgl. BGH, Urt. V. 19.9.2019 – I ZR 91/18 – Gelenknahrung). Für nichtspezifische gesundheitsbezogene Angaben gelten auch die Informationspflichten des Art. 10 Abs. 2 HCVO (vgl. BGH Urt. V. 12.2.2015 – Az. I ZR 36/11 – Monsterbacke II). Das heißt also, dass solche Angaben unzulässig sind, wenn diese nicht mit den Pflichtinformationen verbunden sind.

Viele deutsche Gerichte haben sich schon mit der Problematik gesundheitsbezogener Werbeaussagen auseinandergesetzt und mussten entscheiden, welche Versprechen zulässig sind und welche nicht. Als unzulässig wurden beispielsweise die folgenden, noch vor kurzem oft verwendeten, Werbeaussagen angesehen:

  • Detox:„Detox“ ist eine nicht zulässige gesundheitsbezogene Werbeaussage für einen Kräutertee. Die Bezeichnung „Detox“ werde von Verbrauchern im Sinne einer entgiftenden Wirkung verstanden. Eine solche Wirkung sei weder belegt noch als gesundheitsbezogene Angabe zugelassen (vgl. BGH, Beschluss vom 06.12.2017 – I ZR 167/16).

5. Was gilt bei krankheitsbezogenen Angaben und bei den Aussagen in Bezug auf Kinder?

Wie bereits ausgeführt, erstrecken sich die Vorschriften der Health-Claims-Verordnung auch auf Aussagen über die Reduzierung von Krankheitsrisiken und auf solche mit Kinderbezug.

Bei den sog. “Risk Reduction Claims” (z.B. „das Risiko von Erkältungskrankheiten reduziert sich“) handelt es sich um Angaben, nach welchen das Lebensmittel oder ein Bestandteil einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Krankheit beim Menschen deutlich senkt. Derartige Angaben sind nur erlaubt, wenn sie in einer eigens vorgesehen Gemeinschaftsliste nach behördlichem Genehmigungsverfahren zugelassen worden sind. Risk Reduction Claims müssen von den Herstellern, die sie verwenden wollen, unter Vorlage von wissenschaftlichen Daten über ihren Wahrheitsgehalt beantragt werden. Die EFSA prüft, ob die Aussagen wissenschaftlich korrekt sind und schlägt der EU-Kommission Annahme oder Ablehnung der Health Claims vor. Auflistungen der bisher zulässigen Angaben befindet sich in der EU-Verordnung Nr. 1226/2014 und EU-Verordnung Nr. 1228/2014.

Zulässig ist beispielweise folgende krankheitsbezogene Aussage:

„Die Verwendung ungesättigter Fettsäuren anstelle gesättigter Fettsäuren in der Ernährung senkt/reduziert nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut. Ein hoher Cholesterinwert gehört zu den Risikofaktoren der koronaren Herzerkrankung.“

Diese Angabe darf nur für Fette und Öle verwendet werden.

Neben der Zulassungspflicht der Angaben muss bei der Verwendung von krankheitsreduzierenden Angaben zusätzlichen Hinweispflichten nach Art. 14 Abs. 2 HCVO genügt werden.

Für die Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern (z. B. Angaben “Lernstark” und “Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit” für einen Kindersaft) ist ebenfalls eine ausdrückliche Genehmigung im Rahmen des Einzelzulassungsverfahrens (s.o.) notwendig.

6. Checkliste – Werbung mit den Health Claims im Lebensmittelrecht

Vereinfacht lässt sich letztlich an nachfolgender Checkliste überprüfen, ob eine Angabe verwendet werden kann oder nicht:

  1. Handelt es sich beim Produkt, das beworben werden soll, um ein Lebensmittel?
  2. Entspricht das Lebensmittel dem Nährwertprofil?  (Aufgrund der bislang ausbleibenden Verabschiedung einschlägiger Nährwertprofile, ist dieser Punkt bei der Verwendung von Claims nach der HCVO noch nicht zu beachten)
  3. Ist die Angabe gesundheits- oder nährwertbezogen, krankheitsbezogen oder über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern?
  4. Ist der Health Claim im Einzelfall erlaubt?
  • für nährwertbezogene Angaben: entspricht der Claim dem Anhang der Verordnung?
  • für gesundheitsbezogene Angaben: ist der Claim auf der Gemeinschaftsliste und entspricht er ihren Vorgaben.

Werden diese Punkte bejaht, sind die wichtigsten Hürden der Health-Claims-Verordnung genommen und der Claim darf verwendet werden, wenn er den übrigen Vorschriften der Verordnung ebenfalls entspricht, was aber bei den „üblichen“ Angaben auf Lebensmitteln regelmäßig der Fall sein dürfte.

7. Rechtsfolgen von Verstößen

Unzulässige gesundheits- oder nährwertbezogene Angaben stellen nicht nur einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung, sondern zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar, da es sich um eine Marktverhaltensregelung handelt (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.2014 – I ZR 178/12).

Die Spielregeln des Marktes sind im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) festgelegt. Das UWG regelt das Marktverhalten der Wettbewerber, um einen freien und fairen Markt zu sichern. Gemäß § 3a UWG liegt ein unlauteres Verhalten vor, wenn eine gesetzliche Vorschrift nicht beachtet wird, die das Marktverhalten regelt, um die Interessen der Marktteilnehmer zu wahren. Bei einem Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung haben die Mitbewerber sowie bestimmte Verbände und Einrichtungen (vgl. § 8 Abs. 3 UWG) daher einen Unterlassungsanspruch gegen den Hersteller und/oder den Händler, der seine Produkte mit den unzulässigen gesundheits- oder nährwertbezogenen Angaben bewirbt. Die Rechtsdurchsetzung erfolgt in der Regel zunächst im Wege einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung und, für den Fall, dass die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird, sodann mit der Hilfe von Gerichten.

Die Gefahr für Hersteller und Vertreiber von Lebensmitteln wegen eines Wettbewerbsverstoßes gegen die Health-Claims-Verordnung abgemahnt zu werden oder gar eine einstweilige Verfügung zu erhalten, ist gerade zu Zeiten des boomenden Online-Handels sehr groß. Online-Händler, die entweder die Werbeaussage des Herstellers des Produktes übernehmen oder mit einer eigenen Aussage für das Produkt werben möchten, müssen zudem beachten, dass der Werbende die Darlegungs- und Beweislast für eine gesundheitsfördernde Eigenschaft eines Produktes trägt, wenn diese in der HCVO nicht aufgeführt ist.

Mit gesundheitsbezogenen Angaben sollten Händler daher vorsichtig sein und im Vorfeld die Produktwerbung von einem auf das Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen lassen. Dadurch können meist kostenintensive Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und Klagen verhindert werden.

Ist eine Abmahnung bereits ausgesprochen worden, ist davon abzuraten, ungeprüft die von den Abmahnern beigefügte Unterlassungserklärung in der vorgegebenen Form zu unterzeichnen, da diese oft zu weit gefasst ist, so dass eine Unterzeichnung derselben weitreichenden Folgen, insbesondere hohe Vertragsstrafen nach sich ziehen kann. Auch Zahlungsansprüche sollten nicht erfüllt werden, ohne diese durch einen spezialisierten Anwalt für Wettbewerbsrecht überprüfen zu lassen. In vielen Fällen, in denen die Abmahner durch Rechtsanwälte vertreten sind, sind die angesetzten Streitwerte viel zu hoch. Hier lässt sich oftmals im Wege des Vergleichs eine Reduzierung der verlangten Kosten erreichen.

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